Resilienz verstehen – Bedeutung, Faktoren und Studienlage

Wie schaffen es Führungskräfte, in stürmischen Zeiten gelassen zu bleiben? Was unterscheidet jene, die Krisen meistern, von denen, die daran scheitern? Die Antwort liegt in einem Konzept, das heute wichtiger ist denn je: Resilienz.

Resilienz wird zur Schlüsselkompetenz für Führungskräfte und Organisationen. Gleichzeitig taucht der Begriff immer häufiger als Buzzword auf – oft im Kontext von Achtsamkeit, Selbstreflexion und Burnout-Prävention. Doch was genau steckt hinter diesem Konzept?

 

Das Konzept Resilienz

Der Begriff „Resilienz“ stammt ursprünglich aus der Materialforschung und beschreibt die Fähigkeit eines Materials, nach Belastungen in seinen ursprünglichen Zustand zurückzukehren. Übertragen auf Menschen bedeutet Resilienz die psychische Widerstandskraft, die es ermöglicht, Krisen nicht nur zu bewältigen, sondern gestärkt daraus hervorzugehen (Heller & Gallenmüller, 2018).

In der Sozialforschung wurde Resilienz erstmals im Kontext von Kindern untersucht, die trotz schwieriger Lebensumstände – Krieg, Armut oder Drogenkonsum der Eltern – psychisch gesund blieben und erfolgreich in die Gesellschaft integriert wurden. Hier stand der Fokus auf Schutzfaktoren, die Menschen halfen, gesund zu bleiben, selbst unter widrigsten Bedingungen (Heller, 2018).

Heute wird Resilienz als allgemeine Kompetenz verstanden, die Menschen jeden Alters dabei unterstützt, Krisen erfolgreich zu bewältigen. Es geht nicht nur um Extremsituationen, sondern auch um die kleinen und großen Herausforderungen des Alltags (Volbracht & Holtmann, 2024).

 

Resilienz und Selbstführung: Ein starkes Zusammenspiel

Resilienz hat nichts mit Härte zu tun, sondern mit der Fähigkeit, in gutem Kontakt mit sich selbst zu sein. Nur wer seine Emotionen, Gedanken und Bedürfnisse bewusst wahrnimmt und steuern kann, ist in der Lage, mit Krisen und Herausforderungen konstruktiv umzugehen. Hier spielen zwei Faktoren zusammen:

  • Selbstwahrnehmung: Wie gut nehme ich meine eigenen Bedürfnisse, Stimmungen und Gedanken wahr? (Heller, 2018).
  • Selbststeuerung: Wie gut kann ich mein Verhalten bewusst steuern? (Fröhlich-Gildhoff & Rönnau-Böse, 2021).

Das untenstehende Schaubild verdeutlicht diesen Zusammenhang:

Quelle: Carsten Draht

Resilienz bedeutet also nicht, Emotionen zu unterdrücken und „hart“ zu sein, sondern:

  • im guten Kontakt mit sich selbst zu stehen (Heller & Gallenmüller, 2018),
  • wahrzunehmen, wie es einem geht, und
  • Verhalten bewusst zu steuern, um Herausforderungen gut zu bewältigen (Volbracht & Holtmann, 2024).

 

Die 10 Resilienzschlüssel – Strategien zur Stärkung der Resilienz

Resilienz ist trainierbar. Studien zeigen, dass etwa 50 % der Resilienz genetisch bedingt sind, während die anderen 50 % durch Umweltfaktoren, Lernen und Training entwickelt werden können (Boardman et al., 2008; Reichhart & Pusch, 2023).

Die Forschung hat 10 Resilienzschlüssel identifiziert, die als Methoden und Strategien dazu beitragen, Resilienz aufzubauen:

  1. Akzeptanz: Annehmen, was ist, was war und was nicht zu ändern ist (Heller, 2018).
  2. Optimismus: Eine zuversichtliche Grundhaltung, die Kraft gibt (Fröhlich-Gildhoff & Rönnau-Böse, 2021).
  3. Selbstwirksamkeit: Vertrauen in die eigene Kompetenz, Herausforderungen zu bewältigen (Huber, 2019).
  4. Eigenverantwortung: Verantwortung übernehmen statt Schuldige zu suchen (Reichhart & Pusch, 2023).
  5. Netzwerkorientierung: Beziehungen aufbauen und Unterstützung aktiv nutzen (Lohse, 2021).
  6. Lösungsorientierung: Probleme als lösbar betrachten und kreativ an Lösungen arbeiten (Unkrig, 2021).
  7. Zukunftsorientierung: Ziele planen und bewusst in die Zukunft schauen (Volbracht & Holtmann, 2024).
  8. In Unternehmenskontexten kamen drei weitere Schlüssel hinzu:
  9. Ungewissheitstoleranz: Gelassen mit Unsicherheiten umgehen, ohne Angst oder Stress (Volbracht & Holtmann, 2024).
  10. Veränderungsbereitschaft: Offenheit und Flexibilität gegenüber neuen Situationen (Heller & Gallenmüller, 2018).
  11. Achtsamkeit: Die bewusste Wahrnehmung des gegenwärtigen Moments ohne Bewertung (Fröhlich-Gildhoff & Rönnau-Böse, 2021).

 

Resilienz: Eine Aufwärtsspirale durch Lernen und Entwicklung

Krisen führen oft zu einer Phase eingeschränkter Leistungsfähigkeit – geprägt von emotionaler Instabilität, Energielosigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten. Je nach Stärke der Krise und der individuellen Resilienz erholen sich Menschen unterschiedlich schnell (Heller, 2018). Manche kehren zum ursprünglichen Leistungsniveau zurück, während andere an Krisen wachsen und gestärkt daraus hervorgehen.

Die Forschung spricht hier von einer Aufwärtsspirale: Wenn Resilienz und Lernfähigkeit zusammenspielen, entsteht persönliches Wachstum und langfristige Stabilität (Volbracht & Holtmann, 2024).

 

Fazit

Resilienz ist die Fähigkeit, Herausforderungen zu bewältigen und gestärkt daraus hervorzugehen. Sie erfordert ein hohes Maß an Selbstwahrnehmung und die Fähigkeit zur Selbststeuerung. Resilienz hat also nichts mit Härte zu tun – im Gegenteil: Es geht darum, sich bewusst zu spüren, Bedürfnisse wahrzunehmen und das eigene Verhalten aktiv zu steuern.

Mit den 10 Resilienzschlüsseln lässt sich Resilienz Schritt für Schritt entwickeln. Sie sind der Schlüssel zur Selbstführung, zur Bewältigung von Krisen und zur persönlichen Weiterentwicklung.

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Quellen und Literaturempfehlungen:

  • Heller, J. & Gallenmüller, N. (2018). Resilienz-Coaching: Zwischen „Händchenhalten“ für Einzelne und Kulturentwicklung für Organisationen. Springer eBooks.
  • Volbracht, M. & Holtmann, A. (2024). Resilienz im Leadership: Strategien für nachhaltige Führung in unsicheren Zeiten. Gabler Verlag.
  • Reichhart, P. & Pusch, L. (2023). Die 10 Schlüssel der Resilienz: Wege zur inneren Stärke und Selbstführung.
  • Boardman, J. D., Blalock, C. L. & Button, T. M. M. (2008). Sex differences in the heritability of resilience. American Journal of Sociology, 114(2), 331-358.
  • Tugade, M. M. & Fredrickson, B. L. (2004). Resilient individuals use positive emotions to bounce back from negative emotional experiences. Journal of Personality and Social Psychology, 86(2), 320-333.
  • Connor, K. M. & Davidson, J. R. T. (2003). Development of a new resilience scale: The Connor-Davidson Resilience Scale (CD-RISC). Depression and Anxiety, 18(2), 76-82.
  • Masten, A. S., Hubbard, J. J., Gest, S. D., Tellegen, A., Garmezy, N. & Ramirez, M. (2002). Competence in the context of adversity: Pathways to resilience and maladaptation from childhood to late adolescence. Development and Psychopathology, 11(1), 143-169.
Dieser Blogbeitrag gehört zu der Reihe „Resilienz in der Führung“, bestehend aus 4 Episoden. Lesen Sie sich hier die Anderen Beiträge durch.

 

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